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Stellungnahmen

Stellungnahme zu Schulschließungen

Anlässlich der aktuellen Entwicklung der Corona-Fallzahlen haben wir einen offenen Brief an unseren Kultusminister geschickt:

Sehr geehrter Herr Minister Tonne,

die gegenwärtige Entwicklung der Infektionszahlen führt dazu, dass erneut viele staatliche Eingriffe diskutiert werden. Wir als Stadtelternrat der Stadt Oldenburg begrüßen, dass Sie keine Schulschließungen planen. Wir wenden uns trotzdem an Sie, um unsere Sorge vor erneuten Einschränkungen im Präsenzunterricht zum Ausdruck zu bringen. Dazu gehören für uns auch vorgezogene oder verlängerte Weihnachtsferien. Wir appellieren an Sie als verantwortlichen Minister für die schulpflichtigen Kinder in Niedersachsen, es nicht dazu kommen zu lassen. Nach wie vor gilt die Beobachtung, dass Kinder bei den Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona Pandemie deutlich intensiver belastet werden als Erwachsene (z. B. sind Kohlfahrten, Weihnachtsmärkte oder andere Großveranstaltungen mit Zehntausenden Gästen in geschlossenen Räumen möglich, während in Oldenburg viele Laternenfeste ausgefallen sind, da den Eltern zunächst eine Teilnahme untersagt worden war). An Schulen gilt 3G plus Maskenpflicht, aber nicht am Arbeitsplatz. 

Bei alledem ist es mittlerweile sichere Erkenntnis, dass sich Kinder deutlich seltener anstecken als Erwachsene und der Verlauf meist deutlich milder ist. Somit ist auch in Schulen die Übertragung von SARS-CoV-2 Viren geringer als sie gesamtgesellschaftlich auftritt. Schulschließungen taugen nicht als Notbremse, die Ansteckungen spürbar reduziert. Das zeigt auch die Erfahrung seit den Sommerferien – uns wurde seitens der Schulbehörde bestätigt, dass es nicht zu befürchteten Reihenansteckungen in den Schulklassen gekommen ist. Zusätzlich muss man bei solchen Entscheidungen in Erwägung ziehen, dass Schulschließungen erhebliche Auswirkungen nicht nur auf die (psychische) Gesundheit von Kindern und Familien haben. Eine wiederholte derartige Belastung, Einschränkung und Hinderung an Bildung und Weiterentwicklung muss sehr gut abgewogen werden und stattdessen sollten andere, die Kinder nicht belastende Maßnahmen vorrangig ergriffen werden. Und das rechtzeitig, um das Offenhalten der Schulen sicherstellen zu können. 

Die Deutsche Gesellschaft Pädiatrische Infektiologie und die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene schreiben dazu in einer Stellungnahme: „Die weiterhin bestehende extreme Seltenheit eines schweren oder gar tödlichen Verlaufes von SARS- CoV-2 bei Kindern und Jugendlichen ist nicht geeignet, als Argument für Schul- und Kita-Schließungen benutzt zu werden. Nur die verbleibende Behauptung, dass zwischen den Infektionen bei Kindern und Jugendlichen und der Überlastung der Intensivstationen und den schweren und tödlichen Verläufen der älteren Erwachsenen ein Zusammenhang bestehe, könnte Kita- und Schulschließungen rechtfertigen. Daten, die diese These bestätigen, fehlen allerdings.“ Das bedeutet also, dass Ansteckungen vulnerabler Erwachsener durch Schulkinder nicht in relevantem Umfang stattfinden.

Natürlich tragen Sie als Kultusminister nicht die Verantwortung für die gesamte Coronapolitik der Landesregierung. Jedoch haben die Kinder lange genug Rücksicht auf die vulnerablen Gruppen genommen. Jetzt ist all diesen Personen ein Impfangebot gemacht worden und massive Einschränkungen in den kindlichen Bedürfnissen und Entwicklungschancen nicht mehr zu rechtfertigen. Wir erwarten von Ihnen, dass Sie diese Interessen gegenüber ihren Ministerkolleginnen und -kollegen energisch vertreten und auf andere Maßnahmen der Pandemie-Bekämpfung dringen.

Die Schulen in Niedersachsen sind nach den Sommerferien mit sehr strengen Auflagen gestartet und somit in Vorleistung getreten. Ohne diese strengen Vorgaben im September bestünden jetzt noch Spielräume, um dem Bedürfnis nach größerer Vorsicht nachzugeben. Da diese Spielräume aber bereits durch den vorsichtigen Start ins neue Schuljahr aufgebraucht sind, kommt Ihnen die Aufgabe zu, der Öffentlichkeit zu vermitteln, dass in den Schulen alles Zumutbare geleistet ist. In den Schulen können, wie zuvor dargelegt, nur geringe Erfolge gegen das Virus erzielt werden, und dafür würden die Kinder einen in unseren Augen viel zu hohen Preis zahlen.

Es gibt die Möglichkeit, die Öffentlichkeit über die Faktenlage aufzuklären und das Zerrbild der Virenschleudern, die ihre Großeltern in Gefahr bringen, oder die überschätzte Gefahr durch Long Covid für Kinder, richtig zu stellen, um auch in der breiten Bevölkerung Akzeptanz für offene Schulen zu gewinnen. Eine noch aktivere Kommunikation Ihrerseits gegenüber der Bevölkerung Niedersachsens würden wir uns wünschen.

Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um das Offenhalten der Schulen in diesem gesamten Winter sicherzustellen?

Mit freundlichen Grüßen

Für den Stadlternrat der Stadt Oldenburg

Der Vorstand